VIRTUELLE KUNDENSERVICEORGANISATIONEN BEI VERSICHERERN

VIRTUELLE KUNDENSERVICEORGANISATIONEN BEI VERSICHERERN

  • Christof Strohkark
  • Published: 06 December 2022

 

Bei der Kommunikation mit ihren Versicherern wollen Kunden neben den traditionellen Kanälen wie Briefpost, Telefon oder E-Mail verstärkt auch digitale Kanäle wie Chat oder Apps nutzen. In der Versicherungsbranche wird daher seit einiger Zeit über die Einführung eines Multi- bzw. Omnikanal-Managements diskutiert. Dabei wird in der Regel aus vertrieblicher Perspektive die Frage gestellt, wie sich die Customer Journey über alle bestehenden und neuen Kommunikationskanäle hinweg integrieren und optimieren lässt. Der Vertrieb und die Kunden stehen somit im Mittelpunkt.

 

Herausforderungen

So wichtig und richtig dies ist, so sehr werden bei diesen Diskussionen die Herausforderungen und Chancen übersehen, die die Einführung des Omnikanal-Managements für den Kundenservice selbst und die interne (Arbeits-) Organisation der Versicherer darstellt.

Die Kommunikation über digitale Kanäle nimmt – auch bedingt durch die Corona-Krise– zu und gestaltet sich synchroner und direkter als über analoge Kanäle. Vorbei sind die Zeiten der „Anonymität“ in der Sachbearbeitung, als der Fokus auf „geduldige und stille“ Fallakten lag und nicht auf der Kundenkommunikation selbst. Hinzu kommt, dass die meisten Versicherer die Dokumente unmittelbar nach Erhalt scannen und in digitaler Form zur Bearbeitung bereitstellen.

Die Digitalisierung aller Vorgänge erfordert nun, dass alle am Kundenservice beteiligten Einheiten – also neben den Frontoffice-Einheiten auch Backoffice-Bereiche oder Geschäftsstellen mit Kundenkontakt – als „virtuelle Kundenserviceorganisation“ verstanden werden. Bereichsgrenzen verschwimmen oder entfallen damit ganz. Aufträge werden anhand von Service-Level-Zielen und weiteren im Vorfeld definierten Attributen priorisiert und automatisiert zur Bearbeitung verteilt. So können sie basierend auf den Qualifikationen und der Kapazität in der Organisation der passenden Stelle zugewiesen werden.    

Das Modell der virtuellen Kundenserviceorganisation stellt einen Paradigmenwechsel für Versicherer dar, da u. a. starre Fachbereichsstrukturen und regionale Zuständigkeiten aufgelöst werden können. Mitarbeitende der virtuellen Kundenserviceorganisation lassen sich bereichs- und kanalübergreifend für die Vorgangsbearbeitung einsetzen – unter Berücksichtigung ihrer Fähigkeiten (Skills), persönlichen Präferenzen sowie ihrer formalen Berechtigungen.

 

Lösung

Die technische Unterstützung einer virtuellen Kundenserviceorganisation erfolgt typischerweise durch den Einsatz von Multi- oder Omnikanal-Lösungen, die verstärkt im Markt zum Einsatz kommen. Diese steuern die Arbeitsverteilung regelbasiert und in Echtzeit und ersetzen teilweise klassische Postkorbfunktionalitäten, wobei Mitarbeitenden und Führungskräften genügend Raum für die eigene Gestaltung ihrer Arbeit gelassen werden kann und sollte.

Durch die digitale und maschinelle Arbeitsverteilung können die Mitarbeitenden Ressourcen gezielter eingesetzt und Überlastsituationen vermieden werden. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass die Produktivität und Zufriedenheit der Mitarbeitenden dadurch steigen, da ihre Kompetenzen besser berücksichtigt werden.

Für Führungskräfte bedeutet die automatisierte Auftragsverteilung mehr Zeit, die sie nun in Kundenbeziehungen und das Coaching ihrer Teams investieren können. Eine effiziente Kundenbetreuung über digitale und analoge Kanäle führt überdies zu einer verbesserten Außenwahrnehmung. Innerhalb der Organisation ist die umfassende Transparenz über die aktuelle Auslastung und den Grad der Service-Level-Erreichung ein weiterer Vorteil.

Das alles ist jedoch einfacher gesagt als getan. In der Regel müssen bei den Versicherern die Voraussetzungen zur Einführung von Omnikanal-Lösungen erst geschaffen werden. In unserem nächsten Blogbeitrag zeigen wir, welches Vorgehen aus unserer Sicht zu empfehlen ist.

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