In den vergangenen 10 Jahren entstanden verschiedene Zusammenarbeitsmodelle zwischen Banken und Fintechs: Zum einen durch Übernahmen, aber auch vermehrt durch Kooperationen. Während einige Banken gleich in mehreren Teilen der Wertschöpfungskette mit Fintechs zusammenarbeiten, haben andere Banken noch keine Erfahrung in Kooperationen mit Fintechs (vgl. Ergebnis 13 der diesjährigen Capco-Kreditstudie).
Dass Partnerschaften im Kreditgeschäft immer wieder auch enden können – z. B. weil die gegenseitigen Erwartungen nicht wie erhofft eingetreten sind – kann regelmäßig der Fachpresse entnommen werden. Aus diesem Grund beschäftigen sich Younited und Capco in diesem Blogbeitrag mit der Fragestellung, welche Faktoren zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen Banken und Fintechs führen.
Klare Zielsetzung
Die starke Verbreitung von Fintechs im letzten Jahrzehnt und ihr hoher Spezialisierungsgrad eröffnen den Banken eine Vielfalt an Kooperationsmöglichkeiten, die sie vor Herausforderungen bei der Auswahl eines Anbieters stellen. Die Bestimmung des richtigen Kooperationspartners beginnt darum für Banken mit der Erarbeitung einer klaren Zielsetzung.
Zu diesem Zweck ist eine kritische Ist-Analyse erforderlich, um bestehende Schwachstellen im Prozess aufzudecken. Am Ende der Analyse sollten folgende Fragen beantwortet werden:
- Wo bestehen Ineffizienzen im bestehenden Kreditprozess?
- An welchen Stellen sind Tools & Prozesse im Einsatz, für die es am Markt innovativere Lösungen gibt?
- Welche Marktzugänge und Vertriebswege werden noch nicht genutzt?
Die grundlegende Zielsetzung für eine Kooperation ergibt sich aus der Priorisierung der zuvor identifizierten Verbesserungspotenziale. Zur Konkretisiertung des Ziels sollte auch evaluiert werden, wie viele eigene Ressourcen (interne Personentage und Budget) die Bank zu investieren bereit ist und bis wann die Ziele erreicht werden sollen.
Strukturierter Auswahlprozess
Mit einer klaren Zielsetzung kann der Auswahlprozess gestartet werden. Eine Long-List gibt einen Überblick zu potenziell relevanten Fintechs. Anhand eines Request for Information (RFI) wird der Kreis weiter eingegrenzt und eine sogenannte Short-List erstellt. Ist einer Bank beispielsweise wichtig, dass sie im Rahmen der Partnerschaft weiterhin die Kundenschnittstelle für das Kreditangebot besetzen möchte, sollte die Möglichkeit zur Nutzung von White-Label oder Co-Branded-Angeboten bereits im RFI erfragt werden. Auch Risk, Compliance und regulatorische Überlegungen sollten in den Auswahlprozess einfließen, um Lizenzbeschränkungen, aber auch regulatorische Anforderungen an den Neu-Produkt-Prozesses Rechnung zu berücksichtigen.
Im nächsten Schritt erhalten die Short-List-Fintechs einen sorgfältig vorbereiteten Request for Proposal (RFP). Im Gegensatz zum RFI zielt der RFP auf verbindliche Angebote ab, auf deren Grundlage die Bank den Partner auswählen möchte. Die Praxis zeigt, dass es an diesem Punkt nicht nur entscheidend ist, das inhaltlich und preislich interessanteste Angebot zu betrachten, sondern auch weiche Faktoren zu berücksichtigen, wie beispielsweise:
- Personelle Zusammensetzung des Fintech-Teams,
- Bisherige Erfahrungen mit Partnerschaften,
- Fähigkeit zur kontinuierlichen Weiterentwicklung des Produktes
Können diese Faktoren positiv bewertet werden, sollten darüber hinaus mögliche Unterschiede in der Unternehmenskultur berücksichtigt werden, um eine gute Grundlage für ein nachhaltiges Kooperationsmodell zu schaffen.
Das richtige Zusammenarbeitsmodell finden
Die Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Banken und Fintechs ist ein Verständnis über die grundlegenden Ziele der Zusammenarbeit. Was zunächst selbstverständlich klingt, erweist sich in der Praxis oft als Grund für nichterfüllte Erwartungen und das Scheitern von Partnerschaften. Eine Fokussierung auf wenige Kernziele und eine Differenzierung nach: 1) Muss- und 2) Kann-Zielen hilft,die Anforderungen und die Priorisierung der Ziele des Partners besser zu verstehen. Die Übertragung dieser Ziele in den Kooperationsvertrag kann dazu beitragen, anhand gemeinsam definierter KPI’s eine stärkere Verbindlichkeit zwischen Bank und Fintech zu erreichen und die Ziele formal zu erfassen.
Neben Standardpunkten und den Kernzielen der Partnerschaft empfiehlt sich im Kooperationsvertrag eine genaue Beschreibung der operativen Prozesse als auch der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien. Darüber hinaus sollten sich die Kooperationspartner neben regelmäßigen Austauschformaten zum Monitoring der Partnerschaft auch die Zeit zur Reflexion (“lessons learned“) nehmen. Diese gegenseitige Möglichkeit des Feedbacks kann die Zusammenarbeit verbessern und Effizienzpotenziale heben. Designierte Ansprechpartner, so genannte Customer Success Manager, sollten die Durchführung dieser Formate sicherstellen und ihre Einhaltung einfordern.
Fazit
Die starke Verbreitung von Fintechs in den letzten Jahren treibt die Innovation in der Finanzdienstleistungsbranche voran. Ein stärkerer Fokus auf Partnerschaften kann den Banken helfen, von diesen Innovationen zu profitieren, um eine höhere Effizienz bei besserem Kundenerlebnis zu erreichen. Eine klare Zielsetzung, ein strukturierter Auswahlprozess und transparente Kommunikation über zu erreichende Ziele sowie die regelmäßige Gelegenheit zur Reflexion der Partnerschaft sind entscheidende Erfolgsfaktoren.
Darüber hinaus bieten Fintechs wie Younited im Kreditgeschäft Banken die Möglichkeit an, den End-to-End-Kreditprozess des Fintechs ohne eine tiefere Integration im Rahmen von „2nd Best-Offer Pilotprojekten“ zu testen. Dabei werden bereits abgelehnte Kreditkunden der Bank über den Kreditprozess des Fintechs geleitet. Die Bank kann auf diese Weise Zusatzeinnahmen durch die vermittelten Kredite generieren, ohne den eigenen Kreditprozess anzutasten. Banken können so die Chancen eines Fintech-Angebots testen und im Erfolgsfall das Angebot anschließend auf den Gesamtprozess zur Skalierung von Effizienz- und Ertragspotenzialen ausweiten.