Erfahren Sie in Teil II unserer Blogserie zu den Themen Compliance, Regulatorik und Technologie mehr über die neuen Geldwäschegesetzrichtlinien und welche Anpassungen Banken jetzt vornehmen sollten.
Neue regulatorische Anforderungen, die bessere Einbindung der Compliance-Prozesse in Geschäftsmodelle, neue Technologien – das sind nur einige der zahlreichen Herausforderungen, denen Compliance Abteilungen täglich begegnen. Dabei müssen sie nicht nur ihre bisherigen Aufgaben erfüllen, sondern zunehmend auch eine strategische Bedeutung für das Business einnehmen, um relevant zu bleiben.
Um dieser neuen Rolle gerecht zu werden und sie erfolgreich voranzutreiben, können innovative Technologien einen wichtigen Beitrag leisten. Zur Berücksichtigung aktueller Risiken und regulatorischer Anforderungen, können Advanced Analytics, zum Beispiel maschinelles Lernen (ML) und/oder Künstliche Intelligenz (KI) eine Lösung sein. Sie ermöglichen die Entwicklung eines nachhaltigen, risikobasierten Ansatzes, um beispielsweise Risiken des Geschäftsmodells zu identifizieren und entsprechende Maßnahmen transparent umzusetzen.
Der stetige Fluss an neuen regulatorischen Anforderungen lässt Banken kaum Zeit zum Durchatmen: Nach dem Inkrafttreten der 5. Geldwäschegesetz (GwG)-Richtlinie am 10. Januar diesen Jahres, nähert sich mittlerweile die 6. Richtlinie, die ebenfalls wesentliche Änderungen mit sich bringt und voraussichtlich im Dezember 2020 wirksam wird.
Kurzüberblick der wichtigsten Änderungen der 6. Anti-Money Laundering Directive (AMLD):
- Erweiterte Liste an Vortaten: Es gibt eine neue Liste mit 22 ergänzten Vortaten, unter anderem Umweltdelikte, den Handel mit Insiderinformationen, Marktmanipulation und Cyber-Kriminalität.
- Höhere Verantwortung der Unternehmen: Nicht nur Einzelpersonen werden bestraft, auch Unternehmen können künftig zur Verantwortung gezogen werden, wenn der Tatbestand der Geldwäsche von einem ihrer Mitarbeiter begangen wird.
- Voraussetzungen für strafrechtliche Verfolgung: Auch wenn keine Vorbestrafung vorliegt, ist eine Verurteilung wegen Geldwäsche möglich. In der Theorie reicht es, wenn Vermögenswerte einer kriminellen Handlung entstammen - ohne dass alle Tatsachen oder Umstände der kriminellen Handlung geklärt sein müssen.
- Rolle des Begehungsortes: Ein Geldwäschedelikt liegt auch dann vor, wenn der Vermögenswert aus einer Handlung (Vortat) resultiert, die im Ausland stattgefunden hat. Nach Angaben des 6. GwGs ist die Strafbarkeit in dem Land, in dem die Vortat begangen wurde, hierfür nicht relevant.
- Pflicht der Zusammenarbeit: EU-Mitgliedsstaaten sind zur Zusammenarbeit verpflichtet, wenn ein Geldwäschefall zwei oder mehr Länder betrifft.
- Bericht über Effektivität der Richtlinie: Die EU-Kommission hat sich dazu verpflichtet bis zum 3. Dezember 2023 über die Effektivität des 6. GwGs zu berichten und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen.
Es bleibt die Frage offen: Welche der Anforderungen des 6. Geldwäschegesetzes haben die umfassendsten Auswirkungen auf finanzielle Institute? Eine Pauschalantwort darauf gibt es nicht, weil sich viele Effekte anhand der Kundenanzahl, der Größe und des Geschäftsmodells verändern.
Dennoch gibt es zwei allgemeine Aspekte, auf die sich Institute konzentrieren sollten:
- Die Phase 0 von Geldwäsche: Um die 22 neuen Vortaten in den Geldwäscheprozessen einzubetten, brauchen Institute eine umfassendere Verbindung zwischen den Anti-Money Laundering (AML)- und anderen Anti-Financial Crime-(AFC)-Funktionen (z.B. Fraud). Eine Vortat wäre in diesem Sinne die neue „Phase 0“ im Prozess. Die Auflösung der aktuellen Silos im Compliance- und AFC-Bereich würde einen besseren Einsatz von Advanced Analytics-Technologien bedeuten (z.B. die Identifizierung neuer Muster (Patterns) durch ML). Statt Kunden mit der AML- oder Fraud-Brille anzuschauen, könnte man sie in Zukunft holistisch betrachten, um so neue, mögliche Muster zu erkennen und Risiken besser berücksichtigen und (gegebenenfalls) verfolgen zu können.
- Governance und Audit Trail: Aufgrund der erhöhten Anforderungen an Unternehmen, müssen Institute ihre Governance- und Audit Trail-Prozesse optimieren. Nur so können mögliche, interne betrügerische Aktivitäten vorzeitig erkannt bzw. zumindest aufgezeichnet und Beweise für mögliche Ermittlungen aufbewahrt werden. Der Prozess, wie Banken erkennen, welchen Risiken sie ausgesetzt sind und welche Maßnahmen dazu passen, muss transparent sein, um die Wahrscheinlichkeit zu reduzieren, in Compliance- bzw. Gesetzes-Verstöße involviert zu werden.
FAZIT
Die geplante Geldwäschegesetzrichtlinie zeigt erneut, dass ein „Tick the Box“-Ansatz nicht mehr ausreicht, vielmehr müssen Compliance- bzw. AFC-Prozesse in Businessabläufe integriert werden. Nur so können sie insgesamt einen wertvollen Beitrag zur Harmonisierung des Geldwäschepräventionsregime leisten. Gleichzeitig gilt: Jedes Wachstumsziel bringt zwangsläufig auch neue Risiken mit sich. Wenn Banken also ihr Wachstum vorantreiben möchten, müssen Compliance- und AFC-Funktionen zu den engsten Vertrauten des Geschäfts werden, um die Risiken kontrollieren zu können. Das 6. GwG stellt somit nicht nur eine Auflage dar, sondern eine echte Chance für Banken, zur Entwicklung neuer Produkte und um neue Kunden und Märkte zu erschließen – nachhaltig und transparent.
Sie wünschen sich einen persönlichen Austausch mit uns? Unsere Experten sind für Sie da.
KONTAKT
Carsten Hahn, Partner
T +49 69 9760 9091
M +49 17 2213 3144
E Carsten.Hahn@capco.com