Im Rahmen unserer sechsteiligen Artikelserie „Transformation im Zahlungsverkehr“ fassen wir Erfahrungen und Best Practices aus vergangenen Projekten zusammen, die Banken und Zahlungsdienstleistern wertvolle Anregungen für künftige Change-Projekte im Zahlungsverkehr (ZV) geben. Der vorliegende Artikel befasst sich mit einer der zentralen Voraussetzungen für eine erfolgreiche ZV-Transformation: Dem Test.
Im Rahmen der Migration von ZV-Plattformen stellt das Testen von Zahlungsprozessen eine zentrale Herausforderung dar. Dieser Artikel beleuchtet die wichtigsten Aspekte des Testens für SEPA-Zahlungen während der Migrationsprojekte, einschließlich unseres Ansatzes, der häufigsten Probleme und bewährter Methoden, um das höchstmögliche Maß an Sicherheit und Vertrauen in den Zielprozess zu gewährleisten.
Rahmenbedingungen sind wie das Wetter: Vorhersehbar, aber unvermeidlich
Die reibungslose Abwicklung von Zahlungsverkehr ist entscheidend für Unternehmen und Privatbankkunden* und stellt Banken und Payment Service Providers (PSP) vor große Herausforderungen, insbesondere bei Migrationen nach Fusionen zur Prozessstandardisierung. Da das Testen ein umfangreiches Thema ist, konzentrieren wir uns in diesem Artikel auf die Validierung der E2E-Prozesse für SEPA-Zahlungen. Migrationsprojekte umfassen typischerweise sowohl interne als auch externe Herausforderungen, wie etwa neue regulatorische Anforderungen, Standard-Softwarereleases, die die Komplexität erhöhen sowie Testaktivitäten mit internen Stakeholdern und externen Partnern, wie Softwareanbietern und Clearing-Partnern. Diese Faktoren beeinflussen den gesamten Testzyklus, von der Planung bis zur Produktion. Im Folgenden gehen wir auf diese Herausforderungen ein und erläutern bewährte Methoden aus der Praxis.
E2E Test-Marathon: Mit Strategie und bewährten Methoden, Herausforderungen erfolgreich meistern
Die Testplanung beginnt mit der Identifizierung des E2E-Testbedarfs. Im Gegensatz zu Projekten, bei denen gegen ein festes Pflichtenheft oder Fachkonzept getestet wird, erfordert eine Migration die Auswahl und Prüfung einer Vielzahl bestehender Prozesse. Hierbei liegt der Fokus auf der Identifikation der für die Migration kritischen Prozesse, um sicherzustellen, dass alle wichtigen Aspekte abgedeckt sind. Dies erfolgt in enger Abstimmung mit den beteiligten Fachexperten der Bank und basiert auf Erkenntnissen aus GAP-Analyse-Workshops (Unsere Erfahrungen im Kontext GAP-Analyse/Zielbild-Design“ haben wir in diesem Beitrag zusammengefasst). Vorbereitung und Durchführung der E2E-Tests erfordern die Koordination von Testfallketten und Tests mit externen Partnern, was besondere Aufmerksamkeit erfordert. Zur Bewältigung dieser Komplexitäten haben wir bewährte Methoden und Ansätze definiert.
- Herausforderung:
Scope-Erweiterung nach der Planungs- und Analysephase
Während der Testvorbereitung und -durchführung zeigt sich oft, dass bestimmte Geschäftskonstellationen, z. B. selten verwendete Clearer Rejects oder -objekte während der Analysephase zunächst als nicht relevant für den Test betrachtet werden. Dies führt zu unvorhergesehenen Erweiterungen des Test-Scopes und damit zu zusätzlichen Aufwänden.
Lösungsansatz:
Um diese Herausforderung zu bewältigen, empfehlen wir, den Test-Stream frühzeitig in die Projektdiskussionen einzubeziehen. Die Überprüfung des Testkonzeptes durch die verantwortlichen Stakeholder ist entscheidend, um sicherzustellen, dass alle relevanten Aspekte abgedeckt werden. Wird dann während des Testens ein neues Gap entdeckt, ist es wichtig, die Business Analyse-Experten und Projektmanager umgehend zu informieren. Dies beschleunigt den Lösungsentwicklungsprozess und minimiert die Auswirkungen auf den Testplan. Bei Tests mit externen Partnern, wie der Bundesbank oder bilateralen Clearing-Partner ist es sinnvoll, den Testumfang vergangener Testzyklen mit dem aktuellen Testumfang zu vergleichen. So kann festgestellt werden, was bereits getestet wurde, welche Prozesse und Testfälle kritisch waren und wo Fehler aufgetreten sind. Auf dieser Grundlage lässt sich entscheiden, ob zusätzliche Testfälle in den aktuellen Testumfang aufgenommen oder vorhandene wiederverwendet werden sollten.
- Herausforderung:
Verfügbarkeit von internen Schlüsselressourcen und Fachexperten
Interne Schlüsselressourcen und Fachexperten im Zahlungsverkehr sind aufgrund paralleler Projekte oft nur eingeschränkt verfügbar. Diese Experten sind jedoch entscheidend für die Validierung der Testfallketten sowie Testfälle und um sicherzustellen, dass der gesamte Testumfang mit den fachlichen Anforderungen übereinstimmt. Unzureichende Ressourcenplanung kann zu Verzögerungen bei der Testvorbereitung und -durchführung führen.
Lösungsansatz:
Die Fachexperten sollten bereits in die Planungs- und Analysephasen involviert sein. Die Abstimmung von Fristen für die Freigabe von Testvorbereitungsdokumenten, wie Testkonzept, Testfallmatrix, Testfallkatalog usw. mit den Terminen für Software-Releases und regulatorische Anforderungen ermöglicht eine effiziente Ressourcennutzung und hilft, Arbeitsüberlastung zu vermeiden. Die Delegation und Priorisierung nicht kritischer Aufgaben kann ebenfalls dazu beitragen, Ressourcenkonflikte zu minimieren, sollten jedoch im Voraus mit dem Projektmanagement abgestimmt werden. Aus unserer Erfahrung können regelmäßige Statusmeetings oder Jour Fixes zur Freigabe wichtiger Testdokumentationen genutzt werden. Mögliche Verzögerungen durch die eingeschränkte Verfügbarkeit zentraler Ressourcen sollten frühzeitig an das (Projekt-)Management weitergeleitet und Unterstützung angefordert werden.
- Herausforderung:
Vielzahl von Testumgebungen
Viele interne Umsysteme, die an E2E-Tests beteiligt sind, besitzen eigene Testumgebungen, in denen parallel Wartungsarbeiten und neue Releases stattfinden. Diese Aktivitäten können Testzyklen beeinträchtigen. Häufig führen Wartungsarbeiten zu Systemausfällen und Datenlöschung, sodass Tests neu gestartet werden müssen. Zudem weichen die Systemeinstellungen der Clearing-Partner oft von den Produktionseinstellungen ab, was zu unerwarteten Verarbeitungsproblemen zu Beginn eines Tests führen kann. Manchmal erfordert dies eine Neukonfiguration der Testinfrastruktur zwischen der Bank und dem Clearing-Partner, was zusätzliche Vorbereitungszeit benötigt.
Lösungsansatz:
Testpläne sollten nicht nur mit den Verantwortlichen für die ZV-Plattform abgestimmt werden, sondern auch mit den Zuständigen der bankinternen Umsysteme. So werden alle technischen Abhängigkeiten berücksichtigt. Ein regelmäßiger Austausch mit den relevanten Umsystemen ist empfehlenswert, um stets auf dem neuesten Stand zu bleiben. Zusätzlich können Smoke-Tests mit Clearing-Partnern hilfreich sein, sobald die Verbindungsparameter sowie Test-Stammdaten, z. B. Test-BICs, festgelegt sind.
- Herausforderung:
Testdaten
Stammdaten wie Kunden, Konten und BICs können in verschiedenen Testumgebungen und Systemen variieren. Fehlende Kontoeinstellungen oder falsche Konfigurationen im Buchungssystem können sich negativ auf die Testergebnisse auswirken und ein Testobjekt untestbar machen.
Lösungsansatz:
Die Wiederverwendung von Testdaten aus früheren Tests spart erheblichen Vorbereitungsaufwand. Fragen zu den Testdaten sollten während der Planungsphase frühzeitig mit internen und externen Stakeholdern abgestimmt werden. Smoke-Tests helfen, Risiken durch inkompatible Testdaten zu minimieren. Die meisten Testsoftware-Tools für ZV-Nachrichten ermöglichen die Wiederverwendung von Testdaten, die Nutzung zuvor definierter Stammdaten, wie BICs und IBANs und die Validierung ohne Einbindung anderer Testpartner. Die Simulation von ein- und ausgehenden Zahlungsnachrichten ist besonders in der Testvorbereitungsphase hilfreich, um Verbindungen und Daten zu überprüfen und Gaps im Testumfang zu identifizieren.
Das Einhalten von Best Practices ist zwar kein Allheilmittel, reduziert jedoch erheblich die Risiken im Hinblick auf die Einhaltung von Zeit- und Qualitätsvorgaben. Die Umsetzung oben genannter Maßnahmen erfordert häufig mehr Zeit und Ressourcen in der Vorbereitungsphase, was in der Projektplanung berücksichtigt werden sollte.
Fazit
Trotz unvermeidbarer Herausforderungen – wie komplexen Abhängigkeiten, knappen Ressourcen und Testdatenproblemen – hilft ein strukturierter Testansatz, Risiken zu erkennen und stabile, qualitativ hochwertige Zahlungsprozesse nach der Migration zu gewährleisten.
Banken und PSPs sollten die Chance ergreifen, ihre ZV-Prozesse nachhaltig zu optimieren – für eine bessere Kundenbetreuung und niedrigere Betriebskosten. Mit sorgfältiger Planung und Unterstützung durch verlässliche Testexperten kann die Migration von ZV-Plattformen ohne wesentliche Produktionsstörungen gelingen.
Capco verfügt über ganzheitliche Testerfahrung aus unterschiedlichen Vorhaben im Zahlungsverkehr. Neben der Testkonzeption- und Durchführung bieten wir ebenfalls Unterstützung im Defect Management sowie bei der Lösung von Defects an.
* Diversity gehört zu den Kernwerten von Capco. Um Texte für sie so kurz wie möglich zu halten, lesen sie an einigen Stellen nur die männliche Form, gemeint sind jedoch ausdrücklich sämtliche Geschlechter.